Monatsprojekt in Tena - die Freizeit

Das wichtigste zuerst: Ich hatte in Tena eine wunderbare Zeit, mit vielen neuen Eindrücken, Erfahrungen und Erlebnissen.

Ich habe auch in Tena in einer Gastfamilie gewohnt, die wirklich super nett waren und sehr lecker gekocht haben :). In dem Haus haben mit mir meine Gastmutter und mein Gastvater gewohnt, ausserdem ihre jüngere Tochter, die 20 ist, und ihr Sohn mit seiner Frau und seinem Kind (3 Monate). Ich war also nie alleine zu Hause und habe mich auch mit allen ganz gut verstanden, auch wenn sich in einem Monat natürlich kein richtiges Familienverhältnis bilden konnte. Das Haus, in dem ich gewohnt habe, war nicht soo schön und gepflegt, aber es liess sich dort sehr gut aushalten. Manchmal ist ein bisschen von der Decke heruntergebröckelt und ohne Schuhe sollte man über den Betonboden auch nicht gehen, wenn man keine komplett schwarzen Socken/Füsse bekommen will, aber da ich sogar eine warme Dusche hatte, konnte ich das alles sehr gut überleben. Dass es in Tena mehr Krabbelviecher gibt als in Riobamba war mir schon vorher klar, deshalb haben mich die Kakerlaken, Falter und Mücken nicht wirklich überrascht oder erschreckt. Das einzige, wovor ich mich sehr geekelt habe, war die riesige Kröte, die einmal bei uns im Bad sass und etwa die Grösse von 2 Tennisbällen hatte, danach habe ich immer erst das Licht angemacht, bevor ich ins Bad reinging, um nicht noch mal so überrascht zu werden. Gegessen habe ich wie schon gesagt immer sehr gut, und insofern konnte ich mich eigentlich gar nicht beklagen.

Auch an das Klima hatte ich mich schnell gewöhnt, und ausser 2 Tagen an denen es wirklich viel zu warm und schwül war, aber das ging dann selbst den Ecuadorianern so, konnte ich es sehr gut aushalt, beziehungsweise habe es eigentlich ziemlich genossen, dass es abends nicht so kalt war und man tagsüber im T-Shirt herumlaufen konnte und keine Pulli oder Schal brauchte.

Auch mit den anderen Freiwilligen die da waren habe ich mich sehr gut verstanden (am Anfang waren wir zu dritt, nach zwei Wochen zu viert und in der letzten Woche zu 5.) und wir sassen nicht nur einmal abends zusammen in der Bar direkt am Fluss und haben ein Bier getrunken.

An den Wochenenden habe ich insgesamt gar nicht soo viel gemacht, was aber nicht bedeutet, dass mir irgendwann mal langweilig war. Das erste Wochenende habe ich mit meiner Gastfamilie verbracht. Die haben nämlich an den 2 Tagen 2 Geburtstage gefeiert, also war im Haus auch immer was los. Am Sonntag sind wir dann alle zusammen zu meiner Gastoma gefahren, haben Empañadas gemacht und ich habe im Garten mit den Papageien gesprochen. Vorher war ich noch in einem Zoo hier gewesen, offiziell ein Tierauffangzentrum, allerdings haben die Löwen da nicht so richtig ins Konzept gepasst... Ausserdem hat mir ein Papagei meinen Arm zerkratzt, als er darauf herumgelaufen ist und ich habe mit einem Affen auf meiner Schulter Pippi Langstrumpf gespielt.

Am nächsten Wochenende war ich in einer Höhle, die es in der Nähe von Tena gibt. Das war echt ziemlich cool, wir sind mit einer Gruppe von etwa 10 Leuten hinein, jeder mit seiner Stirnlampe auf dem Kopf. Gleich am Anfang musste man etwas schwimmen, um ein Becken zu überwinden, dann ging es in sehr enge Gänge rein, wo man ziemlich auf seinen Kopf aufpassen musste, und schliesslich haben wir alle mal ganz hinten in dem einen Seitenarm unsere Stirnlampen aus gemacht und es war wirklich stockfinster. Ausserdem gab es dort einen Schlamm, der angeblich super gut für die Haut ist und den wir uns dann als Kriegsbemalung ins Gesicht geschmiert haben. Ein weiteres Highlight war ein kleiner Wasserfall dort in der Höhle, der Löcher in den Stein gespült hat. Eines davon war zwar nicht mal einen Quadratmeter breit, aber etwa 4m tief, dort sind wir dann alle einmal drin baden gegangen. Nach dem Besuch der Höhlen ging es, einfach zum entspannen, noch mal nach Misahuallí.

Das nächste Wochenende war für uns ein verlängertes Wochenende, weil hier in Ecuador der Freitag ein Feiertag war - übrigens der einzige Feiertag, den es hier im Mai gibt. Pfingsten, Fronleichnam etc. wird in diesem hochkatholischen Land nicht gefeiert. Am Donnerstag war ich bereits schon nicht mehr in meiner regulären Arbeit, weil einer der GIZ-Mitarbeiter sich einen Tag frei genommen hat um mit uns Freiwilligen eine kleine Tour durch die Kakaoprojekte dieser Region zu machen. Wir sind in einen "jardin comunitario", also eine Art Garten, der dem ganzen Dorf gehört, gefahren, wo einmal Kakaopflanzen aufgezüchtet werden, andererseits aber auch gerade ein Erlebnispfad für Touristen entsteht. Und durch die tollen Kontakte, die wir haben, durften wir schon mal rein. Wir wurden also dort durchgeführt, durften das Fruchtfleisch der Kakaobohnen probieren und haben noch viele andere Früchte gesehen, von denen ich teilweise trotz 8 Monaten in Ecuador noch nie etwas gehört hatte. Ausserdem habe ich nun auch mal ausserhalb des Palmengartens in Frankfurt eine Ananas wachsen sehen, habe Litschis direkt vom Baum gepflückt und gegessen und noch einiges mehr. War ziemlich interessant und lecker! :) Danach ging es noch auf eine Kakaoplantage, von wo die leckerste Schokolade der Region kommt (wie schon im anderen Artikel erwähnt: die wird regelmässig prämiert). Wir mussten zwar noch etwas warten, bis der Besitzer kam, konnten uns aber schon mal ein bisschen umschauen, der GIZ-Mitarbeiter hat uns schon mal die ganzen Maschinen erkärt, wie die Schokolade dann hergestellt wird, und wir durften ein bisschen probieren. Und trotz der 100% Kakao (da kam nämlich tatsächlich nichts anderes rein) hat sie gar nicht so bitter sondern richtig, richtig lecker geschmeckt! Als der Besitzer dann kam haben wir mit ihm noch ein wenig über das Leben hier als Kakaobauer geredet, er hat uns sein Leid über die derzeit wohl sehr niedrigen Kakaopreise geklagt, wir haben erfahren, was man noch so alles aus Kakao machen kann (zum Beispiel Marmelade und Wein - das wird dann allerdings nicht aus der Bohne sondern aus dem Fruchtfleisch und der Spindel gemacht) und wir haben noch mehr Schokolade gegessen - diesmal dann noch einmal gemahlen und mit etwas Maishonig dazu, damit war das ganze dann flüssig und einfach nur köstlich. Keine Lindt-Schokolade der Welt kommt dagegen an.

Am nächsten Tag ging es dann raften. Relativ früh ging es los, erst mit dem Auto etwa eine halbe Stunde in den Norden Tenas, dann mussten wir noch etwa 30 Minuten einen sehr matschigen Pfad hinablaufen und kamen dann am Fluss Jondachi an. Der ist wunderschön in einem grün bewachsenen Canyon gelegen, die Landschaft dort war wirklich traumhaft! Zu beiden Seiten ging unberührter Regenwald hoch, es flogen Schmetterlinge und bunte Vögel durch die Luft, immer wieder gab es kleine Wasserfälle, das Wasser war unglaublich klar... Teilweise kam ich mir wie in einem Disney-Film vor, wo die Welt paradiesich-perfekt ist. Das Raften hat natürlich auch ziemlich Spass gemacht, nur leider war etwas wenig Wasser im Fluss, deswegen hingen wir öfters mal auf einem Stein fest. Mittags haben wir dann irgendwo an der Seite, wo ein kleiner Strand war, Pause gemacht und es gab Wraps, die wir uns dann mit Guacamole und anderen Leckereien selber belegen durften. Leider habe ich zu spät das Mückenzeug draufgemacht, deshalb wurd ich unglaublich zerstochen während dieser Pause. Das hat den Samstag insgesamt nicht zum angenehmsten Tag gemacht, weil alle der ca. 100 Mückenstiche (und das ist keine Übertreibung - allein an meinem rechten Bein hatte ich über 40) ziemlich gejuckt habe. Na ja, nach der Pause ging es jedenfalls weiter, hier war dann unser Fluss in einen grösseren hineingeflossen, was das Raften dann auch nocht etwas spannender gemacht hat. Kurz vor Ende wurde es dann auch noch mal sehr spannend, als ich rausgefallen bin in einen Strudel geraten bin und die ganze Zeit Wasser von oben auf mich hinauffiel. Ich habe es aber gut überlebt und konnte danach dann auch nicht mehr behaupten, dass mir das Raften zu langweilig gewesen wäre.

Samstag und Sonntag waren dann wieder eher entspannte Tage, Samstag abend haben wir uns lecker Nudeln mit Tomatensosse gekocht, und bei einer Freiwilligen, die nicht in einer Gastfamilie gewohnt hat, verbracht.

Das letzte Wochenende war dann, wie schon erwähnt, die Kakaomesse, wo einige von uns noch arbeiten mussten. Samstagnachmittag allerdings gab es ein Event, bei dem sich alle Reiseagenturen aus Tena und noch ein paar aus Baños und Puyo zusammengeschlossen haben und ein Massiv-Rafting veranstaltet haben. Gekostet hat das ganze nur 5$ und hat riesen Spass gemacht. Massiv bedeutet, dass dann dort etwa 200 Leute gleichzeitig geraftet sind. Das ganze war auch noch mal auf einem anderen Fluss, der viel grösser war und wo die Stromschnellen auch noch etwas länger waren, hat also auch noch mal viel Spass gemacht.

Tja, und damit ging mein Monat in Tena dann auch schon viel zu schnell zu Ende. Jetzt bin ich schon wieder im kalten Riobamba angekommen, was sich tatsächlich fast angefühlt hat, als würde man wieder nach Hause kommen. Zum Glück kann ich der Kälte aber ab morgen zumindest noch mal für eine Woche entfliehen, dann geht nämlich endlich meine Reise auf die Galapagos-Inseln los! Eine Woche bin ich da auf einem kleinen Kreuzfahrtschiff unterwegs und darf mir Robben, Schildkröten, Leguane, Haie, Pinguin... angucken und mit ihnen schwimmen. Davon wird dann der nächste Blogartikel handeln - und Fotos wird es dann auch mal wieder geben, versprochen.

 

Liebe Grüsse ins hoffentlich nicht mehr so kalte und nicht mehr so regnerische Deutschland,

Julia

The Danger of a Single Story

Dieser Blog bietet kein umfassendes Bild über die Kultur Ecuadors. Ich werde mir zwar Mühe geben, keine Vorurteile aufzubauen, aber ich kann leider nicht alle meine Eindrück hier schildern, und manches nehme ich als Ausländerin auch anders wahr, als es vielleicht wirklich ist. Seht mich also nicht als Expertin für Ecuador und fasst nichts von dem, was ich schreibe, als generelle Aussage über Ecuador(ianer) auf. Ein Film dazu, der das Problem an der Sache gut verdeutlicht, und den wir auf dem Vorbereitungsseminar gezeigt bekommen haben: http://blog.ted.com/2009/10/07/the_danger_of_a/